EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: „Nylon findet in Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs Verwendung, wie Kleidung, Sportschuhe und Teppiche, ist aber auch ein wichtiges Vorprodukt für die Industrie, beispielsweise zur Herstellung leichterer Motoren und Autos. Nur wenige Produzenten liefern die für die Herstellung verschiedener Nylonprodukte wesentlichen Vorprodukte, sodass wir sorgfältig prüfen müssen, ob die geplante Übernahme für die europäischen Unternehmen und letztlich die Verbraucher zu höheren Preisen oder einer geringeren Auswahl führen würde.“
Der geplante Zusammenschluss betrifft die Unternehmen Solvay und BASF, die beide in der Nylonindustrie tätig sind und sowohl Nylonverbindungen als auch Nylonfasern herstellen.
Nylonverbindungen werden aufgrund ihres geringen Gewichts und der guten Wärmebeständigkeit in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, insbesondere in der Automobil- und der Elektronikindustrie. Sie gehören zu den fortgeschrittenen Werkstoffen, die für die Entwicklung leichterer und emissionsärmerer Autos verwendet werden. Nylonfasern werden insbesondere für Ober- und Sportkleidung verwendet. Zur Herstellung von Nylonverbindungen und Nylonfasern ist das wichtige Vorprodukt Adiponitril („ADN“), ein Ölderivat, erforderlich.
Solvay ist derzeit der einzige Hersteller im Europäischen Wirtschaftsraum mit Produktionsanlagen auf allen Stufen der Nylonproduktionskette, von ADN bis zu Nylonverbindungen und Nylonfasern. Derzeit verkauft Solvay einen bedeutenden Teil der hergestellten Zwischenprodukte auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette an andere Produzenten von Nylonverbindungen und Fasern. BASF ist ebenfalls ein vertikal integriertes Unternehmen, produziert jedoch kein ADN. BASF verkauft bisher lediglich einen kleinen Teil seiner hergestellten Zwischenprodukte, da fast die gesamte Produktion intern für die Herstellung von Nylonverbindungen und -fasern eingesetzt wird.
Durch den geplanten Zusammenschluss würde ein wichtiger Akteur auf dem Markt für Nylonverbindungen entstehen, dessen Marktanteil beinahe doppelt so hoch wäre wie der des engsten Wettbewerbers. Das entstehende Unternehmen würde wesentliche Teile der Handelsmärkte und Produktionskapazitäten auf allen Stufen der Nylonproduktionskette kontrollieren. Auch gäbe es keinen anderen Marktteilnehmer, der in vergleichbarer Weise auf allen Ebenen der Produktionskette tätig wäre. Die Wettbewerber wären daher darauf angewiesen, dass das entstehende Unternehmen sie weiterhin mit einem oder mehreren wesentlichen Vorprodukten beliefert.
Dass der Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer gewahrt werden könnte, ist nicht anzunehmen, da der für einen wirksamen Wettbewerb entscheidende Zugang zu wesentlichen Vorprodukten (wie ADN) begrenzt ist.
Vorläufige wettbewerbsrechtliche Bedenken der Kommission
Gegenwärtig hat die Kommission Bedenken, dass der geplante Zusammenschluss den Wettbewerb auf den Märkten, auf denen das entstehende Unternehmen tätig wäre, beeinträchtigen würde. Insbesondere könnte der Zusammenschluss aufgrund der größeren Marktmacht des entstehenden Unternehmens auf dem Markt für Nylonverbindungen sowie aufgrund seiner stärkeren Stellung in der Nylonproduktionskette zu höheren Preisen führen.Die erste Marktuntersuchung der Kommission gab Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Belieferung mit folgenden wesentlichen Vorprodukten der Nylonproduktionskette: ADN, Hexamethylendiamin, Adipinsäure, Hexamethylendiaminadipat, dem Basispolymer Polyamid 6.6 und dem technischen Kunststoff Polyamid 6.6.
Die erste Marktuntersuchung zeigte ferner, dass Wettbewerber befürchten, aufgrund des höheren Eigenbedarfs des entstehenden Unternehmens auf nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette nicht länger mit diesen wesentlichen Vorprodukten beliefert zu werden.
Die Kommission wird nun eine eingehende Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens durchführen, um festzustellen, ob sich ihre anfänglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestätigen.
Das Vorhaben wurde am 22. Mai 2018 bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Die Kommission muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen, d. h. bis zum 31. Oktober 2018, einen Beschluss erlassen. Das Prüfverfahren wird ergebnisoffen geführt.
Quelle: europa.eu