Maßgeschneiderte Thermoplastische Elastomere mit halogenfreier Flammschutztechnologie ermöglichen Hart-/Weich-Bauteile im direkten Verbund mit Polyamid (PA) Von Martina Hetterich & Dirk Butschkau, Kraiburg TPE
Der zunehmende Einsatz Thermoplastischer Elastomere (TPE) in 2-Komponentenanwendungen mit Thermoplasten erfordert ein solides Verständnis der Einflüsse auf das Haftungsvermögen. Das gilt insbesondere dann, wenn die harte Komponente ein Polyamid ist und die Anwendung hohe Brandschutzanforderungen stellt. Der folgende Beitrag erläutert die Problematik und den Stand der Technik.
Der Markt für Polyamide verzeichnet seit Jahrzehnten ein kontinuierliches Wachstum, wobei immer mehr Compounds speziell nach kundenspezifischen Anforderungen modifiziert und optimiert werden. Gleichzeitig besteht in vielen Einsatzbereichen ein verstärkter Trend hin zur Integration von Funktionen, wie sie meist nur Elastomere bieten – wie Vibrations- und Geräuschdämpfung, Soft-Touch-Effekte, griffige Oberflächen oder Abdichtung gegen Umgebungseinflüsse.
Dabei stellen die immense Typenvielfalt der Polyamide und deren unterschiedliche Zusammensetzung eine besondere Herausforderung bei der Materialwahl für entsprechende Hart/Weich-Kombinationen dar. Und dies umso mehr bei Spritzgussanwendungen aus flammwidrigem Polyamid im Verbund mit einem ebenfalls flammwidrigen Thermoplastischen Elastomer.
Bewährte halogenfreie Flammschutzausrüstung
Kraiburg TPE verfügt über weitreichende Erfahrung in der Entwicklung von TPE mit halogenfreier Flammschutzausrüstung. Für 2-K-Anwendungen mit Polypropylen wurde jüngst erst eine zweite Produktreihe mit Flammwidrigkeitseinstufung gemäß UL Standard 94 V0 bei 1,5 mm Wanddicke gemäß UL Standard 94 eingeführt. Eine weitere Serie mit Einstufung V0 bei 3 mm ist schon seit geraumer Zeit erfolgreich im Programm und nun folgt die nächste Produktreihe. Begründet durch eine hohe Nachfrage erweitert Kraiburg TPE sein Portfolio mit einer flammgeschützten PA-Haftungsreihe. Die Entwicklung dieser Materialien stellte die Spezialisten von Kraiburg TPE jedoch vor einige Herausforderungen. Haftungsversuche ergaben eine erhebliche Streubreite, die auf unterschiedliche Einstellungen und Modifikationen flammgeschützter Polyamid-Formulierungen zurückzuführen sind.
Überprüft wurden während der Entwicklung mehr als ein Dutzend unterschiedlicher PA-Compounds von UL94 V2- bis V0-Einstufung. Im weiteren Verlauf des Projekts konzentrierten sich die Tests auf halogenfrei flammwidrige und V0-eingestufte Materialien, da diese beiden Eigenschaften in entscheidenden Einsatzbereichen, wie der Elektrotechnik und Elektronik, eine immer größere Rolle spielen.
UL94 V0-gelistete Materialien sind selbstverlöschend im Brandfall und bilden auch keine brennenden Tropfen. Dieser Anforderung werden die Materialien gerecht und das ohne den Einsatz halogenhaltiger Flammschutzmitteln. Die Halogenfreiheit der Kraiburg TPE-Materialien entspricht der IEC 61249-2-21, welche Grenzwerte für Brom, Chlor sowie Gesamthalogene festschreibt.
Für betroffene Personen im Brandfall bedeutet dies mehr Sicherheit durch weniger desorientierende Rauchentwicklung sowie eine geringere Rauchgastoxizität. Chlor- und bromfreie Flammschutzmittel minimieren zudem die potenzielle Gefahr der Schädigung von Inventar und Gebäudesubstanz durch korrosive Rauchgase, wie sie beim Brand halogenhaltiger Stoffe entstehen. Deren Korrosivität kann darüber hinaus sogar negative Auswirkungen auf den Eigenschaftserhalt und die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Altmaterialien haben, wie beispielsweise beim Recyceln von Altfahrzeugen.
Breit gestreute Testergebnisse
Die Verbundfestigkeit wurde auf einer Zugprüfmaschine an fünf Proben jeder Materialkombination getestet, um den Schälwiderstand des TPE nach VDI 2019 zu ermitteln. Dabei wird die Probe in einen beweglich gelagerten Schlitten gespannt und die weiche Komponente über eine Umlenkrolle mit einer Geschwindigkeit von 100 mm/min senkrecht nach oben gezogen. Als Ziel wurde ein Schälwiderstand von mindestens 2,5 N/mm festgelegt.
Das Haftvermögen halogenfrei flammwidriger TPE-Typen im Verbund mit flammgeschütztem Polyamid hängt in hohem Maß von der spezifischen PA-Formulierung ab. Entwicklungsziel war ein Schälwiderstand von 2,5 N/mm, geprüft nach VDI 2019
Erwartungsgemäß liefert die Haftungsprüfung von TPE/PA-Kombinationen in diesem Flammschutzbereich je nach Polyamidformulierung sehr unterschiedliche Ergebnisse (Abbildung 1). Bei einigen Polyamidtypen stellt sich eine gute Haftung ein, bei anderen ist sie unzureichend. Die Ausrüstung der Polyamide mit entsprechenden Flammschutzmitteln und Additiven ist hier der wesentliche Faktor. Gegenproben mit TPE-Typen ohne Flammschutzausrüstung, die grundsätzlich eine gute Haftung zu nicht flammgeschützten Polyamidtypen aufweisen, führen zu ähnlichen Resultaten. Untersuchungen, die Kraiburg TPE in Kooperation mit ausgewählten Polyamidherstellern durchgeführt hat, bestätigen, dass die Ursache für die nicht erzielte Verbindung einer solchen TPE/PA-Kombination auf der Polyamidseite zu finden ist.