Welche Türen öffnet nun die Digitalisierung? Und welche Chancen ergeben sich konkret für die Spritzgießverarbeiter?
Kleinere Stückzahlen, schnellere Produktwechsel, höhere Flexibilität und Qualitätsanforderungen verbunden mit einer lückenlosen Dokumentation sowie Fachkräftemangel - das sind aktuelle Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Dies gelingt nur mit Hilfe automatisierter und digitaler Abläufe. Moderne Maschinen werden weiterhin qualitativ hochwertig, langlebig, integrationsfähig und effizient bleiben. Aber sie verfügen darüber hinaus über flexible Assistenz- und Regelmodule, die die Basis für eine 0-ppm-Strategie bilden.
Mit der Gestica-Steuerung ergeben sich durch den Betrieb mit zwei physikalisch getrennten Rechnern - einer für die Bedienung und Visualisierung und einer für das Steuern und Regeln der Prozesse in Echtzeit – Möglichkeiten, die bisher mit einer Steuerung nur begrenzt möglich waren. Gute Beispiele hierfür sind 3D-Ansichten sowie Assistenzfunktionen. Ich bin sicher, mit unserer Gestica heben wir das Spritzgießen auf ein neues Niveau. Sie wird für die Digitalisierung und für die Steuerungskonzepte unserer Kunden nochmal eine ganz neue Erfahrung. Als „Gehirn“ und Gütesiegel der Maschine bietet die Gestica eine enorm große Flexibilität, gerade bei häufigen Werkzeug- und Produktwechseln oder wenn der Anwender seine Prozesse optimieren und stabil halten will. Er kann damit hervorragende Prozessanalysen machen sowie Abläufe und Zykluszeit optimieren.
Ein Beispiel für eine „intelligente“ Assistenzfunktion, dank der die Maschine ihr zu fertigendes Bauteil „kennt“, ist der „axw Control FillAssist“ - ein wertvolles Tool für das Einrichten eines Werkzeugs, um den Prozess zu beschleunigen und gleichzeitig sicherer zu machen. Der Füllgrad des Bauteils wird dabei in Relation zur aktuellen Position der Schnecke als 3D-Grafik in Echtzeit animiert. Man kann also direkt an der Maschine Füllsimulationen ausführen, auch während diese arbeitet. Drei weitere Regelsysteme, der „ScrewPilot“, „PressurePilot“ und „ReferencePilot“, sorgen für ein adaptiv geregeltes Einspritzen. Dabei handelt es sich um aufeinander aufbauende Regelstrategien für zentrale Qualitätsanforderungen wie konstante Schussgewichte und gleichmäßige Formfüllung unabhängig von Viskositätsschwankungen.
Dank des „aXw Control MeltAssist“ kennt die Gestica das eingebaute Zylindermodul über einen Chip und nutzt diese Daten, um Parameter wie die Auslastung der Plastifizierung und Verweilzeiten automatisch zu berechnen und zu überwachen. Zudem werden Laufleistung und Belastung der Plastifizierung gespeichert. Das ermöglicht eine leistungsabhängige Wartung bzw. Predictive Maintenance, einen effizienten Service und spart kostbare Arbeitszeit im Produktionsalltag.
Alle Assistenzfunktionen haben eines gemeinsam: Sie enthalten das Expertenwissen und die Erfahrung versierter Bediener gespeichert und abrufbar und machen die Bedienung sehr einfach, spezielle Softwarekenntnisse sind nicht erforderlich. Das ist besonders vorteilhaft bei häufig wechselndem Bedien- und Servicepersonal und um das weltweit unterschiedliche Know-how auszugleichen.
Mit der zunehmenden Digitalisierung der Spritzgießprozesse wächst die Menge an Daten an. Diese Daten enthalten viele Informationen, die oft aber nicht offen auf der Hand liegen. Wie können die Daten für die Prozessoptimierung nutzbar gemacht werden?
Daten sind der Treiber der Digitalisierung und sozusagen das Gold der Zukunft – ja sogar schon der Gegenwart. Aber: Für die meisten Aufgaben werden nicht „big“ Data benötigt, sondern „smart“ Data. Um zum Beispiel das Ziel „Maschine kennt Bauteil“ zu erreichen, indem Simulation und Realität zusammengebracht werden, müssen sehr viele Prozessdaten gesammelt sowie bewertet und mit viel Know-how Rückschlüsse gezogen werden. Daran arbeiten wir intensiv.
Das echtzeitfähige Netzwerksystem der Maschinentechnik, eine „smarte“ Steuerung und Datenanalysen bilden die Basis für eine zuverlässige Prozessüberwachung. Mit entsprechenden Sensoren lassen sich die Zustände verschleißanfälliger Bauteile (Condition Monitoring) erfassen und vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) ermöglichen. Das minimiert den Wartungsaufwand und sorgt gleichzeitig für lange, stabile und störungsfreie Laufzeiten. Auf diese Weise können z. B. Chargenschwankungen im Material oder ein Verschleiß von Hydraulikventilen oder Vakuum-Erzeugern erkannt und vorhergesagt werden. Die Steuerung informiert den Bediener rechtzeitig, sobald ein Austausch der verschleißanfälligen Bauteile erforderlich ist. Ein weiteres Beispiel ist die lastabhängige automatisierte Schmierung von Kniehebeln an elektrischen Maschinen je nach Anwendung und Parameter-Einstellungen während laufender Produktion.
Generell gibt es für die Datenanalyse zwei Optionen: Bei einer „On-Cloud“-Lösung werden die gesammelten Daten an ein übergeordnetes zentrales System in der Cloud übermittelt, wo sie analysiert und später wieder zurück an die Maschine kommuniziert werden. Das erfordert eine aufwändige IT-Infrastruktur. Arburg setzt hingegen auf eine „On-Device“-Lösung, d. h. die Daten werden direkt in der Gestica-Bedieneinheit analysiert und ausgewertet. Dort befinden sich von uns trainierte Datenmodelle, das Prozesswissen von Arburg fließt also direkt mit ein. Die Steuerung der Maschine selbst bleibt davon unberührt. Übergeordnete Systeme eigen sich aus unserer Sicht eher für Themen wie die Produktionsplanung und Langzeit-Analysen.
Bei Arburg sind schon heute über 90 Prozent aller Abläufe digital – vom Rüsten der Maschinen bis zur mobilen Einsatzplanung der Servicetechniker. Die Vernetzung entlang der gesamten Wertschöpfungskette macht produktionsrelevante Informationen aktiv zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar. Dank akribischer Datenpflege gibt es schon lange zu jeder Maschine einen digitalen Zwilling. Über das Kundenportal werden die zu einer Maschine gespeicherten Daten auch den Kunden zugänglich gemacht. Jeder Kunde erhält in „arburgXworld“ seinen eigenen virtuellen Raum, zu dem nur er einen „Schlüssel“ hat.