Ein weiteres Thema zog sich wie ein roter Faden durch viele Vorträge: die hervorragende Recyclingfähigkeit von Thermoplasten im Vergleich zur eher eingeschränkten Wiederverwertbarkeit duroplastischer Faserverbundmaterialien. Georg Käsmeier, Managing Partner beim Ingenieurunternehmen Forward Engineering, wies darauf hin, dass die EU die Kreislaufwirtschaft im Rahmen des Green Deals zur Norm machen will. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, in Ihrer Produktentwicklung vom linearen zum zirkulären Denken überzugehen und den Recyclingprozess schon beim Produktdesign mitzudenken“, forderte er die Konferenzteilnehmer auf. Im Rahmen einer Studie hat sein Unternehmen die CO2-Bilanz bei der Produktion eines Bremspedals auf Basis von Primär-Thermoplasten, biobasierten Materialien und rezyklierten Thermoplasten verglichen. Dabei erwies sich das CO2-Einsparpotenzial beim Einsatz von Thermoplasten mit Rezyklatanteil als erheblich. „Wir glauben, dass thermoplastische Werkstoffe ein großes Potenzial im Hinblick auf Nachhaltigkeit haben. Dazu müssen jetzt Recyclingprozesse im industriellen Maßstab etabliert werden. Aber wir sehen, dass diese Herausforderung von der Industrie angegangen wird “, sagte Käsmeier.
Thermoplastische Leichtbauteile in einem Zug
Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Thermoplasten für den Leichtbau hat Engel in den vergangenen Jahren viel in Technologien und Anlagen zur Verarbeitung thermoplastischer Composites investiert. „Wir können weltweit als erste einen vollständig integrierten Prozess anbieten, der mit einer UD-Tape-Legezelle beginnt und an dessen Ende eine komplett konsolidierte, überspritzte thermoplastische Leichtbaukomponente steht“, so Paul Zwicklhuber, Entwicklungsingenieur Composite Processing bei Engel, in seinem Vortrag. Die Tape-Legezelle arbeitet nach dem Pick-and-Place-Prinzip. Damit lassen sich im Takt von drei bis vier Sekunden Tapes ablegen und punktuell miteinander verschweißen. Da die Qualität des Stacks wesentlich von der Genauigkeit der Tape-Positionierung abhängt, hat Engel die Legezelle mit einem Messsystem mit hochauflösender Kameratechnik ausgerüstet. Danach folgt eine Konsolidieranlage, mit der die thermoplastischen Tape-Gelege im Spritzgießtakt konsolidiert werden. Die Konsolidierung lässt sich nahtlos in den Gesamtprozess integrieren, was die Effizienz in der Produktion maßgeschneiderter Tape-Lösungen deutlich erhöht.
Im Zentrum des integrierten Prozesses steht das organomelt Verfahren von Engel. Dabei werden thermoplastische Faserverbund-Halbzeuge wie UD-Tapes und Organobleche umgeformt und funktionalisiert. Funktionselemente, wie zum Beispiel Versteifungsrippen oder Montageelemente, lassen sich unmittelbar nach dem Umformen mit einem Thermoplast aus der Werkstoffgruppe des Matrixmaterials anspritzen. Dies ermöglicht einen hochintegrierten und völlig automatisierten Fertigungsprozess – gleichzeitig vereinfacht das Verfahren das Recycling der Bauteile am Ende ihrer Nutzungsdauer. Das organomelt Verfahren ist auch bei der Produktion der Türmodule von Brose im Einsatz.
Der Lightweight Future Day 2021 fand virtuell statt. Fürs kommende Jahr freut sich der Veranstalter ENGEL wieder auf Teilnehmer im eigenen Haus. 2022 wird das Event voraussichtlich mit einem hybriden Konzept stattfinden, das sowohl vor Ort als auch virtuell die Teilnahme ermöglicht.
Dass Leichtbauwerkstoffe auch dann Vorteile haben können, wenn es nicht auf das Gewicht ankommt, zeigte das Beispiel des Schweizer Unternehmens Svismold. Das Unternehmen hat einen Hersteller von Surfboards davon überzeugen können, die bisherigen Duroplast-Flossen, gegen eine Flosse aus thermoplastischen Faserverbundkunststoffen auszutauschen – auf Basis von UD-Tapes. Es zeigte sich, dass sich die neue Flosse durch einzigartig präzise Steuerungseigenschaften auszeichnete. Ein Grund dafür sind die präzise berechneten Kraftflüsse im Bauteil, die sich dank der Ausrichtung der Fasern durch das UD-Tape im Bauteil exakt abbilden lassen – und das bei geringeren Produktionskosten. Das Surfboard mit der neuen Flosse wurde von der Surf-Community begeistert angenommen.
Austausch bleibt wichtig – persönlich und über Branchen hinweg
Besonders der Erfahrungs- und Wissensaustausch zwischen Maschinen- und Anlagenbauern, Materiallieferanten, Werkzeugbauern, Forschern und Entwicklern machen den Engel Lightweight Future Day für die Teilnehmer so wertvoll. Hinzu kommt der Austausch zwischen sonst separaten Branchen, die aber nach Lösungen für ähnliche Herausforderungen suchen.
„Auch wenn die virtuelle Plattform in diesem Jahr eine besonders hohe Reichweite erzielte, bleiben für uns die persönlichen Kontakte wichtig“, sagt Christian Wolfsberger. „Wir freuen uns darauf, im nächsten Jahr den Lightweight Future Day wieder als Präsenz- oder Hybridveranstaltung anbieten und möglichst viele Teilnehmer vor Ort in Schwertberg begrüßen zu können.“
Dr. Norbert Müller, Leiter Entwicklung smart machine von Engel, (rechts) und Dr. Bastian Brenken, Geschäftsführer des Composites United e.V., (links) führten durchs Programm und moderierten die Q&A-Sessions.
Der Lightweight Future Day 2021 fand virtuell statt. Fürs kommende Jahr freut sich der Veranstalter Engel wieder auf Teilnehmer im eigenen Haus. 2022 wird das Event voraussichtlich mit einem hybriden Konzept stattfinden, das sowohl vor Ort als auch virtuell die Teilnahme ermöglicht.