Leichtbau hat Konjunktur. Zum Erreichen der Klimaschutzziele kommt ihm eine zentrale Rolle zu. Der Lightweight Future Day 2021, zu dem der Maschinenbauer und Systemlöser Engel Anfang Mai eingeladen hatte, machte einmal mehr deutlich, dass der Leichtbau eine Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Welt ist – und dass Thermoplaste daran einen großen Anteil haben werden.
Aus allen wichtigen Anwenderbranchen, wie Automobil- und Automobilzulieferindustrie, Fahrrad- und Motorradbau, Luftfahrt sowie Sport- und Freizeitindustrie, stellten hochkarätige Experten aus der Industrie sowie Vertreter von renommierten Forschungsinstituten auf dem Lightweight Future Day 2021 aktuelle Lösungen und Lösungsansätze vor. Mehr als 500 Teilnehmer erhielten wertvolle Einsichten aus insgesamt 15 Vorträgen, die die aktuellen Entwicklungen und Trends im Leichtbau in allen Facetten präsentierten, und diskutierten mit. Nach jedem Vortrag gab es eine Q&A-Session, die von Dr. Norbert Müller, Leiter Entwicklung smart machine von Engel, und Dr. Bastian Brenken, Geschäftsführer des Composites United e.V., moderiert wurde. Die beiden Branchenexperten führten mit viel Fachkompetenz durchs Programm und verstanden es, dabei eine lockere und unterhaltsame Tagungsatmosphäre zu schaffen. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie fand der Lightweight Future Day in diesem Jahr virtuell statt. Die Teilnehmer kamen vor allem aus Europa mit Schwerpunkt Deutschland, UK und Benelux, aber „auch einige Leichtbauexperten aus den USA scheuten nicht die für sie frühe Konferenzzeit“, wie Christian Wolfsberger, Business Development Manager Lightweight Composites von Engel und Organisator des Lightweight Future Days, betont.
Thermoplastische Composites beschleunigen die Serienfertigung
Thermoplastische Composites und die entsprechende Fertigungstechnik erleichtern die Serienfertigung mit hohen Stückzahlen deutlich, wie im ersten Vortrag Michael Thienel, Experte für die Entwicklung von Türkonzepten beim Automobilzulieferer Brose erklärte: „Mit einem intelligenten Materialmix ist es uns hier gelungen, ein innovatives Türsystem zu entwickeln, das bei Leichtbau, Funktionalität und Designfreiheit neue Maßstäbe setzt. Im Vergleich zu herkömmlichen stahlbasierten Produkten sparen wir bis zu fünf Kilogramm, also 40 Prozent des Gewichts, ein – bei gleichbleibender Crashsicherheit. Zudem erreichen wir eine Wandstärke von nur noch 0,6 Millimetern.“ Sein Unternehmen liefert bereits seit 2018 jährlich eine Million Türmodule aus faserverstärkten Thermoplasten (Organoblech) an Ford. Heute steht Brose bereits mit der nächsten Generation von Türmodulen an der Schwelle zur Serienreife: Das neue Strukturbauteil ersetzt weitere stahlbasierte Türelemente. In Summe spart das pro Autotür ein weiteres Kilogramm Gewicht ein, und darüber hinaus ist das System kostengünstiger als die Stahlvariante.
Dr. Norbert Müller, Leiter Entwicklung smart machine von ENGEL, (rechts) und Dr. Bastian Brenken, Geschäftsführer des Composites United e.V., (links) führten durchs Programm und moderierten die Q&A-Sessions
Viele Vorträge des Lightweight Future Day zeigen, dass der Weg zum modernen Leichtbau oft über die Thermoplast-Verarbeitung führt. So setzt auch FACC, ein Spezialist für Leichtbaukomponenten im Flugzeugbau, auf Thermoplaste. Das Unternehmen hat dabei insbesondere den Zukunftsmarkt „Urban Air Mobility“ im Blick, bemannte Flugtaxis und unbemannte Drohnen im städtischen Luftverkehr, wie Rene Adam, Director Research & Technology des Unternehmens, schilderte. Erwartet wird ein Produktionsvolumen von 5.000 bis 30.000 Komponenten pro Jahr. Das sind im Vergleich zur Produktion von Bauteilen für größere Flugzeuge, die bei etwa 1.000 Stück pro Jahr liegen, deutlich höhere Zahlen. Die bisher im Flugzeugbau vor allem gebräuchlichen Duroplaste wären aufgrund ihrer langen Härtungszeiten den hier notwendigen kurzen Zykluszeiten nicht gewachsen.
Recyclingfähigkeit macht Leichtbau nachhaltiger
Aber auch im traditionellen Flugzeugbau werden Thermoplaste wohl zukünftig eine größere Rolle spielen, da sich die Luftfahrtindustrie selbst die Klimaneutralität bis 2050 zum Ziel gesetzt hat. Rene Adam: „Die Produktionsprozesse in der Luftfahrtindustrie werden sich komplett verändern. Hybridguss, Kaltverklebung und Rapid Forming sind derzeit hier noch keine Standardprozesse. Wir müssen die Kostenstrukturen und die Produktionszyklen erheblich verbessern. Wir bei FACC glauben, dass aus diesen Gründen Thermoplaste das Schlüsselmaterial für zukünftige Faserverbundkunststoffe in der Luftfahrtindustrie sein werden.“